Liebe Freunde,
wieder ist eine erfolgreiche Rundreise durch Rumänien zu Ende
gegangen. Unsere Begegnungen bei den verschiedenen Stationen
entwickeln sich zusehends zu einer Plattform, bei der eine
Zielsetzung unseres Vereins, nämlich internationale Kontakte
zugunsten einer besseren Völkerverständigung zu knüpfen und zu
bewahren, hautnah erlebt und gelebt werden kann.
Was könnte fruchtbarer und wertvoller sein als solche
Erfahrungen?
Keine Bücher und keine Medienberichte ersetzen die menschlichen
Begegnungen, das persönliche Gespräch erst bietet die Basis für
ein Kennenlernen der Situation des Gegenüber, seiner
Lebensbedingungen und Lebenserfahrungen. Im persönlichen
Erfahrungsaustausch erst entwickelt sich die Fähigkeit zur
Empathie und zum offenen und unvoreingenommenen Umgang mit
seinem Nächsten.
Diesmal geschehen auf der Alpin-Ranch in Zarnesti.
Hanna,
eine Jüdin aus Israel, geboren 1922 in Temesvar,
ausgewandert 1946 nach Palästina, eine Pionierin und Frau der
ersten Stunde des neuen Staates Israel sitzt mit ihren Söhnen
und der Schwiegertochter mit uns im Jahr 2007 bei Constantin
Nimat zu Tisch. Wir essen gemeinsam, singen und tanzen zusammen
und erleben gemeinsam einen unvergesslichen Folkloreabend. Wir
gehen zusammen auf Bärenpirsch und zu Kletterausflügen, zu
Stadtbesichtigungen und vielen anderen Unternehmungen.
Hanna ist auf der Suche nach ihren Wurzeln.
„Ich wollte noch einmal in meinem Leben meine Stadt, mein
Haus sehen, in dem ich geboren bin und meinen Angehörigen und
Freunden von damals an ihren Gräbern gedenken“
Die Gräber auf dem jüdischen Friedhof in Temesvar hat sie
gefunden; stumme Zeugen einer längst vergangenen Zeit, einer
Zeit, die für die Jüdin Hanna eigentlich nur in den frühen
Kinderjahren Glück und Geborgenheit bedeutet haben kann. Denn
dann kam der Terror, jener schreckliche und menschenverachtende
Naziterror, der von Deutschland ausging und sich wie eine Krake
über ganz Europa ausbreitete und schließlich auch Rumänien nicht
verschonte. Der Rassenwahn jener „Herrenmenschen“ plante
systematisch und industriell die Ausrottung der jüdischen
Bevölkerung in Europa, ein einmaliges Verbrechen in der
Menschheitsgeschichte, das bis zum Kriegsende 1945 über 6
Millionen Opfer forderte.
Aber Hanna sitzt mit ihren Söhnen und mit ihrer
Schwiegertochter zusammen mit uns bei Constantin Nimat am Tisch.
Sie hat den Terror überlebt. Sie spricht mit uns wie mit
Freunden. Ihre Warmherzigkeit und ihre Offenheit uns gegenüber
erstaunen mich und berühren mich zutiefst. Mir schießt plötzlich
die Verantwortung ins Bewusstsein, die wir haben, wir, die
Nachkriegskinder, die keine Schuld an diesem Völkermord haben,
wohl aber die Verantwortung dafür tragen, dass so etwas nie
wieder geschehen kann.
Wir werden Freunde und beten für Frieden in Palästina.
Otto Wagner betreibt eine kleine
Pension in Biertan.
Vor der rumänischen Revolution im Jahr 1989, die die
schreckliche Zeit der Ceaucescu-Diktatur hinweg fegte, ist er
geflohen: nach Deutschland, denn er ist Deutscher, genauer:
„Siebenbürger Sachse“
„Gegen Ende der achtziger Jahre war die Situation in
Rumänien unerträglich geworden. Bespitzelung und Entwürdigung
auf Schritt und Tritt, dazu Elend und immer größere
wirtschaftliche Not“
Otto sitzt bei uns am Frühstückstisch und erzählt seine
Lebensgeschichte.
„Was hatten wir für Vorstellungen vom Schlaraffenland
Deutschland; das Land der Dukatenesel, wo das Geld an den Bäumen
wächst. Wir hatten keine Ahnung. Wir waren eingesperrt und
abgeschirmt von der Außenwelt. Wir hatten nur unsere Träume“
Otto ist zurückgekehrt. Wir übernachten in seiner kleinen
Pension in Biertan und diskutieren mit ihm am Frühstückstisch.
Die Heimatverbundenheit war stärker als alle Aussicht auf
Reichtum und wirtschaftlichen Erfolg. Otto hat gemerkt, dass er
das nicht braucht. Er lebt seinen Traum in seiner Heimat. Otto
sagt: „Die Ceaucescu-Diktatur hat die Menschen verändert, der
mentale Schaden ist schlimmer als alles andere“ Er will mit
helfen, ihn zu heilen, nicht als Deutscher, nicht als Rumäne,
als „Siebenbürger Sachse“
Wir sitzen mit Otto am Frühstückstisch und sagen, dass wir
wieder kommen.
In Lipova treffen wir einen deutschen Unternehmer, der in
Rumänien investiert. Wir erzählen ihm von unserer 15 jährigen
Tätigkeit in Alios. Wir reden mit ihm über Pro Romania und
Alcar, über unsere Projekte und über unsere Zielsetzungen. Er
ist begeistert und verspricht spontan seine Unterstützung. Wir
sind stolz und dankbar und laden ihn ein, zusammen mit unseren
Freunden aus Alios zu feiern. Er nimmt dankbar an.
Liebe Freunde,
eine erfolgreiche Rumänienfahrt ist zu Ende gegangen.
Dies und noch viel mehr bieten solche Touristikprojekte mit Pro
Romania, wenn die Voraussetzungen bei den Mitfahrern stimmen.
Alle, die Freude daran verspüren, Menschen zu treffen,
Schicksale zu erfahren und Freundschaften zu knüpfen; alle, die
zuhören und verstehen und mehr wissen wollen von anderen
Menschen ohne unbedingt immer die eigenen Erfahrungen als
„ultima ratio“ zu deklarieren, laden wir ein:
Komm mit uns nach Rumänien! Es wird ein unvergessliches
Erlebnis.
Euer Werner
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