Pro Romania e.V.
Rundbrief im Juli 2005

Die Entwicklung läuft im Sauseschritt, kommen wir von Pro Romania wirklich mit???

Autor: Werner Becker

Liebe Freunde!

    Im Rundbrief aus dem Jahr 1999 war ich der Meinung, dass wir tatsächlich mit laufen und auf der Höhe der Zeit sind, heute im Jahr 2005, 6 Jahre danach, kommen mir erhebliche Zweifel.

    Die Geschwindigkeit ist enorm, geradezu atemberaubend, sie macht schwindlig, vor allem diejenigen, denen Veränderungen Angst machen, die sich eingerichtet haben in ihrem relativen Wohlstand, den sie sich im Laufe der Jahre durch Fleiß und nicht ohne Hilfe von außen erworben haben und den es zu verteidigen gilt.
Aber eine solch rasante Entwicklung gab es schon einmal, nur damals in der Wirtschaftswunderzeit nach 1945 waren wir, die Deutschen, die Profiteure einer beispiellosen Hilfe- und Solidaritätsleistung seitens der Menschen jenseits des großen Teiches, deren Regierung sich anschickte, die deutsche Bevölkerung nicht einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Nach Jahren des Terrors und der Verbrechen, die beispiellos in der Geschichte sind und die von Deutschen begangen wurden, wurden anfängliche Gegner und Feinde zu Partnern. In gemeinschaftlicher Anstrengung schufen sie eine neue Weltordnung, die den Frieden sichern sollte und auch bis heute -abgesehen von ethnischen Regionalkonflikten- weitgehend in Europa gesichert hat.

    Heute sind wir reich, eine Industrienation, die auf äußerst hohem Niveau ihr Schicksal beklagt und für die das Schicksal und die Interessen unserer europäischen Nachbarn aus dem Osten, die nun ebenfalls nach langen Jahren der Unterdrückung und Entrechtung am Wohlstand teilhaben möchten und ihre Rechte einfordern, eine Gefahr zu werden scheinen.
Abschottung, Besitzstandswahrung greifen um sich; natürlich wollen wir helfen: mit Hilfstransporten und karitativen Maßnahmen, die unser Gewissen beruhigen und sich zudem bei uns zu Hause bestens vermarkten lassen; Anerkennung und Hochachtung sind uns gewiss.
Artikulieren unsere rumänischen Freunde und deren Regierung ihre Zukunftsabsichten jedoch zu deutlich, dann wird auch mal zum Mittel der Repression gegriffen, dann werden munter Ressentiments geschürt und Klischees bedient. Schnell wird vergessen (wenn es denn überhaupt jemals bekannt war), was der Verein Pro Romania e.V. auf seine Fahnen schreibt: "Fremde werden Freunde" oder "Ajutor pentru Romania" - aber richtig verstanden!!

    Ist es denn nicht gerade eine unserer vornehmsten Aufgaben, diesen unaufhaltsamen und unumkehrbaren europäischen Integrationsprozess positiv und solidarisch zu begleiten?
Verstehen wir uns denn nicht als Wegbereiter und Brückenbauer, als Architekten, die am Bau des europäischen Hauses mitwirken wollen, in dem sie im Vorfeld die Menschen zueinander führen, damit diese sich kennen und schätzen lernen, oder eigenen sich diese Werte nur für Sonntagsreden auf Informationsveranstaltungen?

    Anspruch und Wirklichkeit klaffen oftmals weit auseinander!

    Hüten wir uns und seien wir achtsam, damit wir von Pro Romania nicht einer Geisteshaltung unterliegen, die für das "deutsche Wesen" nicht untypisch zu sein scheint und von unseren Nachbarn in Europa und natürlich auch von unseren rumänischen Freunden als solche wahrgenommen wird.
Es hört sich gut an, von "gleichberechtigter Partnerschaft" zu reden, von "alle Menschen sind gleich", wenn's die Nonnen aus der Südbukowina in ihren Klöstern predigen; leer und wertlos bleibt die Botschaft allerdings, wenn manche meinen, sie wären "gleicher"!

    Wir im Westen haben einen höheren Wohlstand als unsere Nachbarn aus dem Osten, wir sind reicher und können uns mehr kaufen; dies macht uns aber nicht reicher an menschlichen Werten. Im Gegenteil: Armut verbindet, schweißt die Menschen zusammen, schafft gegenseitige Solidarität. Reichtum entsolidarisiert. Diese Erkenntnis ist sogar schon bis nach Rumänien vorgedrungen.

    Hier sind unsere Mitglieder, vor allen Dingen die Vorstandsmitglieder gefordert!
Werden wir uns unserer Aufgabenstellung und unserer Identität bewusst! Beschäftigen wir uns mehr mit unserer Zielsetzung, mit dem, was wir auf unsere Fahnen schreiben und dies ganz besonders dort, wo es gilt!

    "Fremde werden Freunde" - dies setzt voraus, dass wir uns mit dem Fremden auseinander setzen, es versuchen kennen zu lernen, zu akzeptieren, ihm vorurteilsfrei zu begegnen. Fehlt dazu die Bereitschaft, so bleibt auch dieser Slogan eine Worthülse, die sich allenfalls eignet, auf Transparenten zu stehen.

    Besinnung auf unsere Werte und diese Werte leben und notfalls verteidigen. Das ist unsere eigentliche Aufgabe. Dies hat auch etwas mit Zivilcourage zu tun. Legen wir diese an den Tag, ganz besonders dort, wo sie gefordert ist. Das steht uns gut an, zumal wir sie auch allzu gerne von anderen einfordern.
Bekennen wir uns ehrlich und wahrhaftig zu einem neuen Slogan, den ich ab jetzt vorschlagen möchte:

"Prietenie cu Romania"

    Dieser Slogan sollte auch die Motivation für unser Engagement bei der Mitwirkung unserer Gäste aus Alios an den Tagen der Begegnung in unserer Gemeinde und am Weltjugendtag in Köln im August diesen Jahres sein.
"Freundschaft mit Rumänien", nicht einfach nur die Teilnahme ermöglichen auf Grund langjähriger Kooperation mit der Ortschaft Alios. Freundschaft ist mehr: sie verlangt auch das "Sich-Bekennen" zu ihr, das "Zueinander-Stehen" und "Füreinander-Eintreten" in allen Situationen.
Lasst uns dieses große Ereignis "Begegnungstage in unserer Gemeinde" und "Weltjugendtag" in diesem Jahr bei uns in Deutschland mit diesem Geist der Freundschaft begehen.
Jeder, der dazu beitragen und diesen unseren Weg begleiten will, ist herzlich eingeladen.

Helft mit, damit wir wachsen und "größer" werden als nur ein Hilfsverein!!

Euer Werner


Nach oben zur Übersicht der Rundbriefe