Liebe Freunde!
Im Rundbrief aus dem Jahr 1999
war ich der Meinung, dass wir tatsächlich mit laufen und auf der
Höhe der Zeit sind, heute im Jahr 2005, 6 Jahre danach, kommen mir
erhebliche Zweifel.
Die Geschwindigkeit ist enorm, geradezu atemberaubend, sie
macht schwindlig, vor allem diejenigen, denen Veränderungen Angst
machen, die sich eingerichtet haben in ihrem relativen Wohlstand,
den sie sich im Laufe der Jahre durch Fleiß und nicht ohne Hilfe von
außen erworben haben und den es zu verteidigen gilt.
Aber eine solch rasante Entwicklung gab es schon einmal, nur damals
in der Wirtschaftswunderzeit nach 1945 waren wir, die Deutschen, die
Profiteure einer beispiellosen Hilfe- und Solidaritätsleistung
seitens der Menschen jenseits des großen Teiches, deren Regierung
sich anschickte, die deutsche Bevölkerung nicht einfach ihrem
Schicksal zu überlassen. Nach Jahren des Terrors und der Verbrechen,
die beispiellos in der Geschichte sind und die von Deutschen
begangen wurden, wurden anfängliche Gegner und Feinde zu Partnern.
In gemeinschaftlicher Anstrengung schufen sie eine neue Weltordnung,
die den Frieden sichern sollte und auch bis heute -abgesehen von
ethnischen Regionalkonflikten- weitgehend in Europa gesichert hat.
Heute sind wir reich, eine Industrienation, die auf äußerst
hohem Niveau ihr Schicksal beklagt und für die das Schicksal und die
Interessen unserer europäischen Nachbarn aus dem Osten, die nun
ebenfalls nach langen Jahren der Unterdrückung und Entrechtung am
Wohlstand teilhaben möchten und ihre Rechte einfordern, eine Gefahr
zu werden scheinen.
Abschottung, Besitzstandswahrung greifen um sich; natürlich wollen
wir helfen: mit Hilfstransporten und karitativen Maßnahmen, die
unser Gewissen beruhigen und sich zudem bei uns zu Hause bestens
vermarkten lassen; Anerkennung und Hochachtung sind uns gewiss.
Artikulieren unsere rumänischen Freunde und deren Regierung ihre
Zukunftsabsichten jedoch zu deutlich, dann wird auch mal zum Mittel
der Repression gegriffen, dann werden munter Ressentiments geschürt
und Klischees bedient. Schnell wird vergessen (wenn es denn
überhaupt jemals bekannt war), was der Verein Pro Romania e.V. auf
seine Fahnen schreibt: "Fremde werden Freunde" oder
"Ajutor pentru Romania" - aber richtig verstanden!!
Ist es denn nicht gerade eine unserer vornehmsten Aufgaben,
diesen unaufhaltsamen und unumkehrbaren europäischen
Integrationsprozess positiv und solidarisch zu begleiten?
Verstehen wir uns denn nicht als Wegbereiter und Brückenbauer, als
Architekten, die am Bau des europäischen Hauses mitwirken wollen, in
dem sie im Vorfeld die Menschen zueinander führen, damit diese sich
kennen und schätzen lernen, oder eigenen sich diese Werte nur für
Sonntagsreden auf Informationsveranstaltungen?
Anspruch und Wirklichkeit klaffen oftmals weit auseinander!
Hüten wir uns und seien wir achtsam, damit wir von Pro
Romania nicht einer Geisteshaltung unterliegen, die für das
"deutsche Wesen" nicht untypisch zu sein scheint und von unseren
Nachbarn in Europa und natürlich auch von unseren rumänischen
Freunden als solche wahrgenommen wird.
Es hört sich gut an, von "gleichberechtigter Partnerschaft" zu
reden, von "alle Menschen sind gleich", wenn's die Nonnen aus der
Südbukowina in ihren Klöstern predigen; leer und wertlos bleibt die
Botschaft allerdings, wenn manche meinen, sie wären "gleicher"!
Wir im Westen haben einen höheren Wohlstand als unsere
Nachbarn aus dem Osten, wir sind reicher und können uns mehr kaufen;
dies macht uns aber nicht reicher an menschlichen Werten. Im
Gegenteil: Armut verbindet, schweißt die Menschen zusammen, schafft
gegenseitige Solidarität. Reichtum entsolidarisiert. Diese
Erkenntnis ist sogar schon bis nach Rumänien vorgedrungen.
Hier sind unsere Mitglieder, vor allen Dingen die
Vorstandsmitglieder gefordert!
Werden wir uns unserer Aufgabenstellung und unserer Identität
bewusst! Beschäftigen wir uns mehr mit unserer Zielsetzung, mit dem,
was wir auf unsere Fahnen schreiben und dies ganz besonders dort, wo
es gilt!
"Fremde werden Freunde" - dies setzt voraus,
dass wir uns mit dem Fremden auseinander setzen, es versuchen kennen
zu lernen, zu akzeptieren, ihm vorurteilsfrei zu begegnen. Fehlt
dazu die Bereitschaft, so bleibt auch dieser Slogan eine Worthülse,
die sich allenfalls eignet, auf Transparenten zu stehen.
Besinnung auf unsere Werte und diese Werte leben und notfalls
verteidigen. Das ist unsere eigentliche Aufgabe. Dies hat auch etwas
mit Zivilcourage zu tun. Legen wir diese an den Tag, ganz besonders
dort, wo sie gefordert ist. Das steht uns gut an, zumal wir sie auch
allzu gerne von anderen einfordern.
Bekennen wir uns ehrlich und wahrhaftig zu einem neuen Slogan, den
ich ab jetzt vorschlagen möchte:
"Prietenie cu Romania"
Dieser Slogan sollte auch die Motivation für
unser Engagement bei der Mitwirkung unserer Gäste aus Alios an den
Tagen der Begegnung in unserer Gemeinde und am Weltjugendtag in Köln
im August diesen Jahres sein.
"Freundschaft mit Rumänien", nicht einfach nur die Teilnahme
ermöglichen auf Grund langjähriger Kooperation mit der Ortschaft
Alios. Freundschaft ist mehr: sie verlangt auch das "Sich-Bekennen"
zu ihr, das "Zueinander-Stehen" und "Füreinander-Eintreten" in allen
Situationen.
Lasst uns dieses große Ereignis "Begegnungstage in unserer Gemeinde"
und "Weltjugendtag" in diesem Jahr bei uns in Deutschland mit diesem
Geist der Freundschaft begehen.
Jeder, der dazu beitragen und diesen unseren Weg begleiten will, ist
herzlich eingeladen.
Helft mit, damit wir wachsen und "größer" werden als nur ein
Hilfsverein!!
Euer Werner
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